Freitag, 30. Juni 2017

Essen verwöhnt 2017: Die Maultaschen-Challenge oder Die Herrgottsbescheißerle vom Bischof der Gourmetmeile

 Selfi mit Genießer: Syrah vom Schlosshotel Hugenpoet

Der zweite Tag von „Essen verwöhnt“ präsentierte sich bei angenehmsten Gourmetmeilenwetter: sanfte 22 Grad, gelegentliche Sonnenblitze durch die helle Wolkendecke, die ein ideales indirektes Licht verbreitete, das die wunderbaren Speisen auf den Tellern in ihren schönsten Farben zeigte. Unser Besuch galt in erster Linie der „Schote“, die den Standort des ausgeschiedenen 2-Sterne-Tempels Résidence am Kardinal-Hengsbach-Platz übernommen hat und Patron Nelson Müller somit endgültig zum Bischof unter den 20 teilnehmenden Restaurants der „Königin der Gourmetmeilen“ aufgestiegen ist.

Nelson, der in Stuttgart aufgewachsene gebürtige Ghanaer, ist ja ein ausgewiesener Maultaschen-Fex. Diese deutsche Variante der gefüllten Nudel wird im Schwäbischen gern auch Herrgottsbescheißerle genannt, weil findige Katholiken damit das Fastengebot, freitags kein Fleisch zu essen, umgehen können, indem sie das verbotene Lebensmittel vor dem Auge Gottes einfach im Nudelteig verstecken. Nelson bietet in diesem Jahr eine äußerst luxuriöse fleischlose Maultaschen-Variante, und so ergriffen wir die Gelegenheit zu einer Maultaschen-Challenge. Zum Vergleich zogen wir die Mantı vom „Tablo“ und die mit Birne gefüllten Raviolini vom „Acquario“ heran. Die türkischen und italienischen Varianten wurden direkt gegenüber des Schoten-Standes am mittelalterlichen Gemäuer der zum Essener Dom gehörenden Anbetungskirche angeboten.

Weitere Stippvisten führten uns noch zum altehrwürdigen Schloss Hugenpoet und zum Gourmemeilen-Novizen Schmachtenbergshof.

Die Maultaschen-Challenge 


Schote
Champignon Maultaschen │ Rahmspinat │ Eicrème │ Trüffelsauce
(9 Euro)
Fleischlos gefüllt, präsentieren sich die deftigen Herrgottsbescheißerle in einer luxuriösen Sterneküchen-Variante. Der angenehm getrüffelte Rahmspinat überzeugt auch optisch, raffiniert die an pochiertes Eigelb erinnernde Eicrème. Eine dekorative Irritation ist das feine Sommertrüffel-Gespinst obendrauf.

 Tablo
Kiymalı Mantı. Maultaschen gefüllt mit Hackfleisch und Zwiebeln auf Joghurt-Knoblauch-Duo, dazu Chilipaprika-Sauce (7 Euro)
Gegenüber den deutschen Maultaschen-Brocken sind die türkischen Nüdelchen wahre Miniaturen. Einem Sprichwort zur Folge sollen 40 davon auf einen Löffel passen. Das „Tablo“ serviert die Mantı ganz klassisch mit Joghurt- und Paprika-Sauce. Ein ideales Sommergericht. Die Nudeln vielleicht zu sehr al dente.

Acquario
Raviolini con grana e pere. Nudeln gefüllt mit Birne in einer leichten Parmesan-Sahnesauce (7,50 Euro)
Italienische gefüllte Nudeln, wie wir sie lieben. Elegant die Birnenfüllung. Statt der klassischen Gorgonzola-Sauce gibt’s zur Birne „nur“ Parmesan. In dieser Leichtigkeit genau richtig für den Sommer.
(Kleine Anarchie am Rande: Im Glas ist ein mitgebrachter schwedischer Birnen-Cidre, den es nicht auf der Meile gibt, sondern in einem bekannten schwedischen Möbelhaus. Passte prima.)

Fazit
Alle drei Maultaschen-Varianten waren in ihrer Art großartig, so dass man keinen Sieger küren kann. Aber es offenbaren sich Unterschiede in der Küchen-Stilistik – das machte die Sache so interessant.

Was sonst noch gegessen wurde:


Schote
Kabeljau │ Belugalinsen │ Lardo │ Meerettich (10 Euro)
1a-Fischgericht, sorgfältig angerichtet. Der Fisch a point gegart, fast glasig. Die Linsen pikant süß-sauer. Die Speckchips knusprig. Der Meerettich sehr sanft.

Schote
Livar Klosterschwein. Krautsalat │ Kümmel │ Kartoffel-Speck-Püree │ Stauder „Jubiläum“ Sauce (10 Euro)
So duftig kann Schweinefett sein. Schweinbauch, der auf der Zunge geht mit traditionellen Zutaten und Sauce aus Stauder-Bier. Deutsche Gasthausküche auf Sterne-Niveau.

Schlosshotel Hugenpoet
Geschmorte Bäckchen vom Tiroler Milchkalb auf lauwarmen Cannelini-Böhnchen mit Artischocke (9 Euro)
Elegante, zarte Beilagen, bis zum Schmelzpunkt geschmortes Fleisch. Außen vielleicht etwas trocken, innen dafür umso saftiger. Waren die Artischocken in den Nudeln?

Schlosshotel Hugenpoet
Pochierte Aprikosen mit Mandelküchlein und Sauerrahmeis (5 Euro)
Entzückendes Dessert.

Schmachtenbergshof
 Geeister Himbeer-Joghurt-Smoothie (3 Euro)
Sommerliche Erfrischung beim Meilen-Novizen. 

Nachschlag am Samstag 

I'm eating in the rain
Just eating in the rain
What a glorious feeling
I'm happy again
 


Restaurant Mumm
Angebratenes Thunfischfilet auf Tagliatelle und Chili-Linsen (9 Euro)
Schön rosa gebratener saftiger Thunfisch, animierend pikante Nudeln witzig mit Linsen kombiniert.


Sengelmannshof
Paillard vom Ochsenrücken | Kartoffel-Wirsing-Stampf | Trüffeljus
(10 Euro)
Ein ordentlich plattgeklopftes Paillard ist so dünn, dass hindurch Zeitung lesen kann, sagt man. Beim Sengelmannshof hatte es fast schon Schnitzeldicke. Machte aber nichts, denn es war außen schön angebraten, innen rosa und dabei so zart, dass es auf der Zunge zerging. Zusammen mit Stampf und Sauce ein ordentliches Mittagessen.

"Essen verwöhnt" geht noch bis zum 2. Juni 2017. Alle Infos und Speisekarten hier.

Ein weiterer Genussbereit-Bericht hier.

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