Dienstag, 23. März 2010

Kulinarisches Wochenende III: ProWein in Düsseldorf

Eigentlich war die diesjährige „ProWein“, die heute zu Ende geht, ein Festival der gestiefelten Damen. Mit großer Anteilnahme verfolgte der Genießer bei seinen Besuchen der größten Weinmesse der Welt am Sonntag und am Montag die Parade des eleganten Schuhwerks von flachen Absätzen bis High Heels, von wadenhoch bis overknee. Und eigentlich wollte er diese prächtigen Anblicke auch fotografieren, vergaß das aber glatt in Anbetracht der unermesslichen Weinauswahl, die sich im bot. Ob das nun eine bedenkliche Alterserscheinung ist oder eine sublime Ausdifferenzierung der Genussfähigkeit durch die im Laufe der Jahre geschulte kulinarische Intelligenz, sei einmal dahingestellt.

Ahr-Winzer: Zum Vergrößern auf die Collage klicken

Bei 3300 Ausstellern blieb nichts anderes übrig, als das Programm zu reduzieren. Also zog es den Genießer in Halle 4 an die Stände der Ahr-Winzer, deren Premium-Auswahl sich einer neben dem anderen einladend präsentierte. Schließlich ist die herbstliche Weinreise in das dem Ruhrgebiet am nächsten gelegene Rotwein-Anbaugebiet für ihn und seine Weinfreunde mittlerweile Tradition. Natürlich steuerte er das Weingut Kreuzberg an, um den in den letzten Jahren wieder entdeckten Frühburgunder zu probieren, und der von Kreuzberg produzierte ist sicherlich der schönste an der Ahr. Aber beim Plausch mit Ludwig Kreuzberg und Marietta Marquet (1) und den Marketing-Leuten Sabine Krichel und Paul Schneider (2) mundeten die Spätburgunder „Unplugged“ und „Schieferlay“ Großes Gewächs nicht minder. Nebenan schenkte Thomas Nelles (3) mit Wonne von seinem „Frühburgunder Madeleine“ ein und erklärte, woher der Name kommt: Pinot Madeleine ist eine französische Bezeichnung der Traube, die es aber nicht ins deutsche Sortenbuch geschafft hat. Für den Winzer war das ein langes Verkaufswochenende. Den Samstag hatte er auf der Hausmesse bei Julius Meimberg in Herne verbracht. Dann ging  der Genießer weiter zu Marc Adeneuer (4), der genauso strahlend seine Spätburgunder präsentierte. In ausgezeichneter Erinnerung blieb dem Genießer neben der 2008er „Walporzheimer Gärkammer“ der 2007er „Ahrweiler Rosenthal“ Großes Gewächs. Zu einem Gemeinschaftsstand hatten sich die Weingüter „Deutzerhof“ und „Jean Stodden“ zusammengefunden. Herzlich schroff wie der Schieferboden des Ahr-Tales präsentierte Alexander Stodden (5) seine machtvolle Kollektion (mundfüllend: der 2007er „Recher Herrenberg“ Großes Gewächs), und bei Wolfgang Hehle vom „Deutzerhof“ war nur schwer zu unterscheiden, worauf er stolzer war: auf seine Spitzenweine oder die Anwesenheit seines Sohnes und seiner Schwiegertochter (6). Schließlich tauchte auch noch der barocke Grandseigneur des Ahr-Weins Werner Näkel (7) am Stand seines Weingutes „Meyer-Näkel“ auf, dessen Weißburgunder ganz neu auf der Flasche war.

Freudig überrascht war der Genießer, als er beim weiteren Schlendern über die ProWein den Stand der Weingüter "Motzenbäcker Krug'scher Hof" fand. (Auf dem Bild: Marie Menger-Krug mit Stephan Schwedhelm vom Weingut Klosterhof/Zell). In den Weingärten der prachtvollen „Villa im Paradies“ von Motzenbäcker vor den Toren von Deidesheim in der Pfalz hatten der Genießer und der Weindeuter vor Jahren ein Bild für die Fotoausstellung "Die Jagdgründe der Phantasie" über das Leben des Winnetou-Erfinders Karl May geschossen, der vor über einhundert Jahren dort als Gast des damaligen Besitzers mehrere wunderbare Urlaube verbracht hatte.

Beim weiteren Schlendern durch die Hallen konnte der Genießer am Stand der Schokoladenmanufaktur Schell entdecken, welch ein Genuss Schokolade und (Weiß-)Wein sein kann. Beim Weingut Bercher, schon im Bericht über die Weinmesse von „Rolf Kaspar“ gewürdigt, war trotz einer Auswahl von 20 Weinen nur eine kurze Stippvisite angesagt. Neckisch wurde es am Riesenstand der österreichischen Großkellerei Lenz Moser, wo zwei reizende Propagandistinnen im pink-farbenen Blaue-Engel-Look den neuen Partyknüller „Fête Rosé“ für 2,99 Euro vermarkteten.

Emanuela Stucchi Prinetti vom Weingut "Badia a Coltibuono"

Doch zum Schluss gab es noch einmal echte Highlights. Am Stand von „Celler de Capçanes“ im spanischen Monsant konnte der Genießer sich davon überzeugen, warum der „Peraj Ha’bib“ als einer der besten koscheren Wein der Welt gilt, und bekam auch noch eine absolute Rarität eingeschenkt: einen Pinot Noir „3/X“, von dem gerade einmal 1000 Flaschen hergestellt werden. Das wurde nur noch getoppt vom Besuch am Stand von "Badia a Coltibuono", einem der ältesten Weingüter in der Toskana, wenn nicht der Welt. Die ehrwürdige ehemalige Abtei bei Gaiole im Chianti Classico gehört der Familie der Kochbuchfürstin Lorenza de‘ Medici, deren Rezepte den Genießer zu einem Fan der italienischen Küche gemacht haben. Umso erfreuter war er, ihre Tochter Emanuela Stucchi Prinetti kennen zu lernen, die das Weingut leitet und Präsidentin des Consorzio del Marchio Storico Chianti Classico ist. Ihr „kleiner Bruder“ Roberto ist der Kellermeister des Weingutes, dessen ganzer Stolz der Chianti Classico Riserva ist – und natürlich der „Super-Tuscan“ „Sangioveto“.

After-Wine-Party mit fliegenden Untertassen: Der Genießer hungrig beim Sushi-Mann im Düsseldorfer Hauptbahnhof

5 Kommentare:

  1. lustige Mischung, Frauen + Wein sind immer ein Thema. Ich konnte ja leider nicht, werde deinen Beitrag bei mir verlinken...

    AntwortenLöschen
  2. Schade, dass man Wein nicht aus'm Stiefel trinkt!

    AntwortenLöschen
  3. Och, es gibt Weine, die riechen so...

    AntwortenLöschen
  4. Ich habe nie verstanden, was "koscheres" Salz sein soll (Nico Boer). Was nun ist koscherer Wein? Wie wird hier die Traube geschlachtet?

    AntwortenLöschen
  5. Hier eine Beschreibung der Herstellung von koscherem Weine von Iris Noah auf http://www.hagalil.com/

    Die Trauben werden erst ab dem 4. Jahr geerntet, nicht von jüngeren Rebstöcken. Es gibt eine Zweimonatsfrist vor der Ernte, während der nicht mehr organisch gedüngt werden darf.
    Alle Geräte, die zur Ernte oder Verarbeitung der Trauben dienen sollen, werden ebenso wie sowie das Silo unter der Aufsicht von Rabbinern gesäubert.
    Enzyme und Bakterien dürfen nicht zugefügt werden. Nur die auf der Schale befindlichen Bakterien bringen die Fermentation in Gang. Gelatine, Kasein sowie Stierblut sind beim Vinifizieren unzulässig. Zur Reinigung ist lediglich Betonit zugelassen. Es dürfen nur Papierfilter verwendet werden.
    Flaschen dürfen nicht mehrmals gefüllt werden.
    Im 7. Jahr (Schabbatjahr) werden keine Trauben geerntet. Die Rebstöcke sollen sich organisch regenerieren. 1 % der Weinerzeugung wird zugunsten der Armen abgegeben und darf nicht zum Verkauf kommen.
    Außerdem müssen alle Arbeitsgänge in Übereinstimmung mit den sonstigen Geboten der Halacha (jüd. Religionsgesetz) ausgeführt werden, z.B. keine Arbeit am Schabbat, im Weinberg dürfen keine anderen Pflanzen stehen (Verbot der Mischkulturen)
    Seit 1996 gibt es auch deutschen koscheren Wein „Nagila" und zwar als Rotwein (Rheinhessen, Dornfelder) und als Weißwein (Rivaner) beim Weingut Herbert Schenkel in Schwabenheim
    Es ist also nicht ganz so einfach, daß koscherer Wein "normaler" Wein (Stam Jajin) sei, nur daß alle Produktionsgänge von Juden durchgeführt wurden. Bei "normalen" Wein ist es eben durchaus üblich, daß Zusätze verwendet werden können, um z.B. die Gärung zu beschleunigen. Das fällt für koscheren Wein weg. Das Herstellungsverfahren ist also durchaus aufwendiger.
    Beim Jajin Mewuschal (Gekochter Wein) handelt es sich um ein Verfahren in dem der Wein kurzfristig auf ca 96°C erhizt wird (d.h. bis Dampf austritt), somit wird der Wein symbolisch und mit Absicht verdorben, so daß er "gar kein Wein mehr" ist.

    AntwortenLöschen